up

Der Forschung Der Lehre Der Bildung

Der Forschung Der Lehre Der Bildung

Die Inschrift am 1911 gestifteten Vorlesungsgebäude der Universität zeugt von der Wertschätzung, die Forschung, Lehre und Bildung in Hamburg schon vor der Universitätsgründung genossen. 

Seit 1764 wurden Vorlesungen für die allgemeine Öffentlichkeit angeboten und 1821 entstand mit dem Botanischen Garten die erste von zehn Wissenschaftlichen Anstalten. Ende des 19. Jahrhunderts begann Werner von Melle, zuständig für die Oberschulbehörde der Stadt, seiner Vision einer Hamburger Universität den Weg zu bereiten.

Er baute das Vorlesungswesen aus und initiierte die Gründung der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung, um neue Professuren zu finanzieren. Auf seine Initiative wurde das Kolonialinstitut 1908 in Hamburg angesiedelt. Sein Plan ging auf: Nachdem die Universitätsgründung von der Bürgerschaft zunächst noch abgelehnt worden war, konnte er sie im März 1919 mit einer neuen, demokratisch gewählten Volksvertretung realisieren.

Werner von Melle (1853 – 1937)

Als Senatssyndikus, Senator, Präses der Oberschulbehörde und Erster Bürgermeister prägt Werner von Melle seit 1891 Wissenschaft und Bildung wie kein anderer. Strategisch denkend und gut vernetzt verfolgt er die Gründung einer Universität. Sein Ziel erreicht er 1919 mit Hilfe der ersten demokratisch gewählten Bürgerschaft.

Werner von Melle, Büste von Friedrich Wield, 1925, als verkleinerte Nachbildung 2019
Universität Hamburg, Foto: Plessing/Scheiblich
Werner von Melle, Büste von Friedrich Wield, 1925, verkleinerte Nachbildung 2019
Werner von Melle, Dreißig Jahre Hamburger Wissenschaft 1891 bis 1921
Universität Hamburg, Foto: Plessing/Scheiblich
Auszug aus: Werner von Melle, Dreißig Jahre Hamburger Wissenschaft 1891 bis 1921. Rückblicke und persönliche Erinnerungen, 1923, Bd. 1 und 2.
Werner von Melle, Dreißig Jahre Hamburger Wissenschaft 1891 bis 1921
Universität Hamburg, Foto: Plessing/Scheiblich
Auszug aus: Werner von Melle, Dreißig Jahre Hamburger Wissenschaft 1891 bis 1921. Rückblicke und persönliche Erinnerungen, 1923, Bd. 1 und 2.

Die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung

Auf Initiative Werner von Melles gründen einflussreiche Hamburger Bürger 1907 die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung – unter Ihnen Edmund Siemers, Adolph Woermann und Moritz Warburg. Ihr Ziel: Die Universitätsgründung voranzubringen, indem sie die Einrichtung von Professuren finanziell unterstützt.

Die erste Sitzung des Kuratoriums der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung, Gemälde von Henry Geertz, 1911 (verbrannt)
Archiv der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung
Die erste Sitzung des Kuratoriums der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung, Gemälde von Henry Geertz, 1911 (verbrannt)

Edmund J.A. Siemers (1840 – 1918)

Edmund Siemers, der im Petroleum- und Salpeterhandel zu Geld gekommen war, wird zum Mitstreiter für eine Universität. Er bezahlt ein Gebäude für das Allgemeine Vorlesungswesen und das Kolonialinstitut. Dafür lässt er sich von der Stadt den kostenlosen Bauplatz an der Moorweide zusichern.

In der Ausstellung: Edmund Siemers, Büste von Wilhelm Kumm, 1911, verkleinerte Nachbildung, 2019
Vereinbarung zur Schenkung des Vorlesungsgebäudes
Staatsarchiv Hamburg, 361-5 I_1327
Vereinbarung zwischen Edmund Siemers und der Stadt Hamburg zur Schenkung des Vorlesungsgebäudes , 1907 Staatsarchiv Hamburg, 361-5 I_1327

Ein Vorlesungsgebäude für Hamburg

„Dieser vergoldete Schlüssel des Vorlesungsgebäudes wurde bei der Eröffnung des letzteren Herrn Bürgermeister W. von Melle überreicht“, so die handschriftliche Notiz. Für Werner von Melle, der Edmund Siemers wahrscheinlich veranlasst hat, das Gebäude zu stiften, ist das Haus der Schlüssel für die künftige Universität.

In der Ausstellung: Vergoldeter Schlüssel mit handschriftlicher Notiz, 1911
Entwurf des Vorlesungsgebäudes aus der Vogelperspektive, 1908
Universität Hamburg, Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte
Die jungen Architekten Hermann Distel und August Grubitz gewannen für ihren Entwurf des Vorlesungsgebäudes den ersten Preis. Damit waren sie in Hamburg etabliert. Entwurf der Architekten Hermann Distel und August Grubitz, 1908

Der Forschung – der Lehre – der Bildung

Die Inschrift über dem Eingang des Vorlesungsgebäudes und heutigen Hauptgebäudes der Universität geht auf Edmund Siemers zurück. Obwohl bereits 1910/11 formuliert, wird sie zum Leitbild der Universität. Heute findet sie sich sogar im Logo wieder.

Der Forschung, der Lehre, der Bildung. Inschrift am Hauptgebäude, 2019
Universität Hamburg, Foto: Richard Ohme
Inschrift am Hauptgebäude, 2019

Eine Inschrift fürs Vorlesungsgebäude

Der Stifter Edmund Siemers besteht auf einer Inschrift am Vorlesungsgebäude. Daher bittet der zuständige Regierungsrat Förster einige Persönlichkeiten, wie den Historiker Prof. Marcks um Vorschläge. Die Quellen geben jedoch keine Auskunft darüber, auf wen das schließlich gewählte Motto zurückgeht.

Brief des Regierungsrats Max Förster an Prof. Erich Marcks, 1910, Faksimile, Seite 1
Staatsarchiv Hamburg, 361-5 I 1330 Heft 8
Brief des Regierungsrats Max Förster an Prof. Erich Marcks, 1910, Faksimile, Seite 1
Brief des Regierungsrats Max Förster an Prof. Erich Marcks, 1910, Faksimile, Seite 2
Staatsarchiv Hamburg, 361-5 I 1330 Heft 8
Brief des Regierungsrats Max Förster an Prof. Erich Marcks, 1910, Faksimile, Seite 2
In der Ausstellung:

Für eine künftige Universität

Zur Eröffnung des Vorlesungsgebäudes 1911 erscheinen Sonderseiten in der Hamburger Woche. Mit seiner handschriftlichen Notiz widmet Edmund Siemers das Haus „der Forschung, der Lehre und der Bildung“. Auch die Universitätsgründung wird unter der Überschrift „Universität Hamburg“ bereits in greifbare Nähe gerückt.

Erste Seite eines dreiseitigen Artikels der Hamburger Woche, 1911
Staatsarchiv Hamburg, 361-5 I 1334
Erste Seite eines dreiseitigen Artikels der Hamburger Woche, 1911, Faksimile

Die wissenschaftlichen Anstalten

Im Laufe des 19. Jahrhunderts entstehen in Hamburg zehn Wissenschaftliche Anstalten. Dazu zählen ein Physikalisches und ein Chemisches Staatslaboratorium sowie Museen, wie das Naturhistorische Museum. Dorthin gelangt das seltene Mineral Struvit, das erstmals in Hamburg bei archäologischen Grabungen entdeckt wird.

In der Ausstellung: Struvit, 1846/48
Übersicht über die Wissenschaftlichen Anstalten in Hamburg
Staatsarchiv Hamburg
Übersicht über die Wissenschaftlichen Anstalten in Hamburg, 1911; Staatsarchiv Hamburg, 361-5 I_1334

Das allgemeine Vorlesungswesen

Das Allgemeine Vorlesungswesen ist seit 1764 eine Hamburger Institution. Doch erst nachdem Werner von Melle es 1895 reorganisiert hat, wachsen seine Besucherzahlen enorm. 1913/14 sind es schon rund 10000 Hörer und 7000 Hörerinnen. Sie besuchen allgemeinbildende Vorlesungen oder bilden sich in ihren Berufen weiter.

Bericht über wissenschaftliche Vorlesungen von Ostern 1913 bis Ostern 1914
Universität Hamburg, Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte
Die Wissenschaftlichen Vorlesungen. Bericht über das Jahr von Ostern 1913 bis Ostern 1914

Vorlesungen in den neuen Räumen

Mit den 3000 Plätzen im neuen Gebäude ist die Raumnot für das Allgemeine Vorlesungswesen behoben. Die kostenpflichtigen Vorträge werden von den Professoren der Wissenschaftlichen Anstalten und der neuen Seminare gehalten. Verpflichtet werden aber auch Gastdozenten von Universitäten anderer Städte.

Innenansicht des Hauptgebäudesgebäudes von 1911, ein Vorlesungssaal
Universität Hamburg, Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte
Innenansicht Vorlesungsgebäude, aus: Edmund A. Siemers, Festschrift zur Übergabe des neuen Vorlesungsgebäudes, 1911

Professuren und Seminare

Zwischen 1907 und 1919 richtet Hamburg 15 Seminare ein, deren Professoren sowohl das Allgemeine Vorlesungswesen als auch das Kolonialinstitut betreuen. Die erste Berufung erhält der Nationalökonom Karl Rathgen. Ihm folgen weitere angesehene Gelehrte, mit denen die Hamburger Einrichtungen nahezu Hochschulrang gewinnen.

In der Ausstellung: Karl Rathgen, Büste von Albert C. F. Woebcke, 1929, verkleinerte Nachbildung 2019

Das Kolonialinstitut

Im ersten Stock des Vorlesungsgebäudes findet auch die Zentralstelle des 1908 eröffneten Kolonialinstituts ihren Platz. Das Institut bildet zwar nur wenige Kolonialbeamte aus. Strategisch ist es jedoch ein weiterer Schritt in Richtung Universität, denn es rechtfertigt die Einrichtung neuer Professuren und Seminare.

Grundriss des Vorlesungsgebäudes mit den Räumen des Kolonialinstituts, 1914
Universität Hamburg, Arbeitsstelle für Universitätsgeschichte
Grundriss des Vorlesungsgebäudes mit den Räumen des Kolonialinstituts, aus: Vorlesungsverzeichnis 1914

Die Universität

Die jahrelangen Bemühungen um Wissenschaft und Bildung zahlen sich aus: Am 28. März 1919 beschließt die Hamburger Bürgerschaft die Gründung der Universität. Nicht nur ihr Hauptgebäude, das Vorlesungsgebäude von 1911, verdankt sie der Großzügigkeit eines Hamburger Bürgers. 1994 stiftet das Ehepaar Greve die beiden neuen Seitenflügel.

Architekturmodell des Hauptgebäudes mit den Flügelbauten
Universität Hamburg, Foto: Richard Ohme
Architekturmodell des Hauptgebäudes mit den Flügelbauten, Architekt: Folker Schneehage, 1995